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Jamie street

Wie regelt man Nachfolge nachhaltig? Verantwortungseigentum als Alternative

- Wie lässt sich die Unabhängigkeit und der Unternehmenszweck einer Firma über Generationen hinweg gewährleisten? Das Verantwortungseigentum ist ein interessanter Lösungsansatz und gerade für KMU ein realistisches Nachfolgekonzept.

„Papa, wenn mein Bruder die Firma nicht übernimmt, dann muss ich, oder?“ Diese Frage seines achtjährigen Sohnes war für Michael Hetzer ein Denkanstoss. In zweiter Generation führt Michael Hetzer das Familienunternehmen Elobau – ein Branchenführer für Sensorik und Bedienungssysteme aus Deutschland. Dass sein Sohn mit gerade einmal acht Jahren diesen «Rucksack spürt», gibt Michael Hetzer zu denken. Für ihn ist es der Anlass, die Nachfolge des Familienunternehmens zu hinterfragen.

Wer kommt nach mir?

Mit dieser Nachfolgeproblematik steht Elobau nicht allein da. Viele Familienunternehmen und mittelständische Firmen sind von ähnlichen Problemen betroffen. Laut einer Studie trifft die ungeklärte Nachfolge jedes sechste Schweizer KMU – somit sind rund 90.000 Schweizer Unternehmen betroffen. Vielen ist es ein Anliegen, dass die aufgebauten Unternehmenswerte, das funktionierende Businessmodell und die Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden weitergetragen wird. Aber wie, wenn verkaufen oder vererben keine Option ist?

Nicht die Gene, sondern Fähigkeiten entscheiden

Eine Alternative, die nicht die Gene oder das Kapital, sondern die Fähigkeiten über die Nachfolge entscheiden lässt, ist das Verantwortungseigentum. Im Gegensatz zum Vermögenseigentum gehört das Unternehmen nicht einer einzelnen Person oder einer Personengruppe, wie zum Beispiel einer Familie oder Aktionären, sondern wird treuhänderisch verwaltet. Die Firma «gehört sich selber» und das mit einer Garantie für Unternehmenswerte über die Inhaberkonstellation hinaus. So wird die Steuerungsfunktion eines Unternehmens vom Zugriff auf dessen Vermögen getrennt. In der Praxis bedeutet diese Eigentumsstruktur, dass ein Unternehmen auch an Eigentümer:innen weitergegeben werden kann, welche sich durch ihre Fähigkeiten und Werte-Verwandtschaft qualifizieren.

Elobau macht es vor

Zurück zu Michael Hetzer von Elobau. Sein Ziel war es, die Unabhängigkeit und die Werte von Elobau langfristig in der rechtlichen Struktur zu sichern. Die Gründung einer Stiftung war in seinem Fall die Lösung, um Verantwortungseigentum umzusetzen. Die Stiftung garantiert, dass die Unternehmenseinkünfte ausschließlich für den Erhalt und Fortschritt des Unternehmens, den Zweck der Stiftung und wohltätige Projekte verwendet werden. Die Firma Elobau kann, unabhängig von seiner Rechtsform, nicht verkauft werden und ist so vor Spekulationen geschützt.

Verantwortungseigentum am Nerv der Zeit

Indem das Verantwortungseigentum den unternehmerischen Sinn über die kurzfristige Profitmaximierung stellt, löst es eine Anforderung, der bisherige Eigentumsstrukturen kaum gerecht werden können. Unternehmen, die sich dem Verantwortungseigentum verpflichten, folgen dabei zwei Prinzipien:

  1. Selbstbestimmungsprinzip
    Die Entscheidungsmacht über das Unternehmen liegt nur bei aktiven Unternehmer:innen.
  2. Sinnprinzip
    Der primäre Fokus liegt klar beim Unternehmenszweck und nicht auf der Gewinnmaximierung. Dies hat eine Gewinnbindung zur Folge.

Diese Prinzipien sollen durch die rechtliche Verankerung nicht mehr - wie normalerweise üblich - durch die Eigentümer:innen rückgängig gemacht werden können. Gerade für verantwortungsvolles Wirtschaften ist Eigentum, welches dem Unternehmenszweck verschrieben und langfristigen ausgerichtet ist, eine zentrale Komponente.

Umsetzung im rechtlichen Rahmen

Es gibt hierzulande bereits verschiedene Möglichkeiten, um Verantwortungseigentum innerhalb der bestehenden Rechtsform umzusetzen. Ein rechtlicher ‘Hack’ ist beispielsweise, dass eine unabhängige gemeinnützige Stiftung die Wahrung von Sinn- und Selbstbestimmungsprinzip gewährleistet. Dafür gibt man besagter Stiftung einen Anteil mit Veto-Recht. Diese ‘Wächterin’ kann somit jeglichen Entscheidungen widersprechen, die die Prinzipien von Verantwortungseigentum gefährden, hat jedoch keine weitere Funktion oder Macht. Weitere angewendete Modelle sind das Einzel- oder Doppelstiftungsmodell, bei welchen die Anteile der Unternehmung in die Hände von Stiftungen mit den entsprechenden Zwecken gegeben wird. Auch die Rechtsformen der Genossenschaft und die Vereinsgründung sind möglich für eine Umsetzung von Verantwortungseigentum. Welche Lösung schlussendlich passend ist, hängt von der individullen Ausgangslage der Organisation ab.

Purpose Schweiz als Ansprechpartner

Die Eigentumsstruktur von Unternehmen anders zu denken hat in den letzten Jahren rasant an Zulauf gewonnen und das Interesse für Verantwortungseigentum steigt vorzu.  Purpose Schweiz ist die offizielle Anlaufstelle rund ums Thema und bietet Events und Beratungen für Unternehmer:innen an, um ihre Firma im Verantwortungseigentum aufzustellen. 

Kontakt

Purpose Schweiz, Annina Menzi, annina@purpose.ag

Weitere Informationen

(Bild: Unsplash/Jamie Street)

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