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Bauen mit Beton heute und morgen - Urban Mining im Fokus

Themenfeld «öbu-Themenschwerpunkt: Kreislaufwirtschaft»
- Durch die Nutzung vorhandener Ressourcen lassen sich CO2-Emissionen reduzieren - ein Vorgehen, welches auch in der Bauindustrie zunehmend Beachtung findet. öbu-Mitglied Penzel Valier reichte kürzlich das Projekt "Impulse" im Wettbewerb um das Neubauprojekt "Portal UZH" der Universität Zürich ein. Das Projekt entwickelte pionierartige Ansätze, um Reuse-Betonelemente im grossen Massstab einzusetzen.

Beim einstufigen Architekturwettbewerb zum Campus Irchel wurde ein Projekt gesucht, welches neben der Erfüllung der architektonischen, städtebaulichen und freiräumlichen Ansprüche ein nachhaltiges Bauwerk für heutige und zukünftige Generationen sicherstellt. 

Architektur- und Ingenieursbüro Penzel Valier reichte innerhalb dieses Wettbewerbs einen Projektvorschlag ein, der moderne Ästhetik mit dem traditionsreichen Umfeld verbindet. "Alt und neu" finden sich jedoch nicht nur in der Architektur wieder, sondern im gesamten Planungskonzept. Ein zentraler Ansatz des Projektes von Penzel Valier unter dem Namen "Impulse" ist die Wiederverwendung von Bauteilen im grossen Massstab. Dieser nachhaltige Grundgedanke wurde an vielen Stellen in das Konzept integriert.

Maximale Flexibilität: Anpassbarkeit als Planungsmaxime

Ein zentrales Merkmal des Projekts ist die hohe Flexibilität der Gebäudestruktur. Das Konzept setzt auf modulare Raster, die eine vielseitige Nutzung der Räume ermöglichen und gleichzeitig eine Anpassbarkeit an zukünftige Anforderungen antizipieren. Nachhaltigkeit in den Bauprozess zu integrieren beginnt somit schon bei der Planung, denn Gebäude, die lange genutzt werden, halten auch die verwendeten Materialien lange im Kreislauf. Das Planerteam schlägt zudem den Einsatz von Stahl in der primären Struktur vor und setzt damit auf maximale Flexibilität während der Nutzung sowie die perspektivische Weiterverwendung im Sinne des «Design for Disassembly».

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Abb. 02 – Schema Flexibilität, Penzel Valier AG – Wettbewerbsbeitrag „Impulse“ (Penzel Valier)

In Zusammenarbeit mit Drees & Sommer, pom+ und Alberto Cerri von öbu wurde ein Konzept für den Einsatz von Green Steel und Reuse-Stahlträgern entwickelt. Der Einsatz von wiederverwendeten Stahlträgern, die aus rückgebauten Gebäuden stammen, reduziert die graue Energie erheblich. Durch die frühzeitige Bestellung von Reuse-Stahlträgern, sowie eine vorausschauende Planung und enge Zusammenarbeit mit der Industrie, können Ressourcen effizient eingeplant und genutzt werden. Ergänzend zu den Reuse-Trägern sollen die übrigen Träger als Green Steel aus sogenanntem «Schrottstahl» hergestellt werden.

Reuse statt Recycle: Wiederverwendung von Betonelementen im grossen Massstab

Eine grosse ökologische Stellschraube stellen die Deckenkonstruktionen dar. Durch die Wiederverwendung von Betonelementen schafft das Projekt an dieser Stelle den grössten Beitrag zur Nachhaltigkeit. Anstatt Betonbauteile nach ihrem ersten Lebenszyklus zu recyceln, was ebenfalls energieintensiv sein kann, setzt das Projekt «Impuls» auf deren direkte Wiederverwendung. Diese Methode schliesst Kreisläufe, schont Ressourcen und reduziert die Notwendigkeit für die Neuproduktion von Beton, einem der CO₂-intensivsten Baumaterialien.

Hierfür wird am Beispiel eines Abbruchprojektes am Überlandpark in Schwamendingen, das in unmittelbarer Nachbarschaft zum Irchel liegt, eine umfangreiche Untersuchung angestellt. Die Studie zeigt auf, wie das entkernte Abbruchobjekt geschossweise in Scheiben zerlegt wird, sodass lediglich ein Skelett übrig bleibt. Die Betonelemente, primär bestehend aus Decken, werden auf ein transportfähiges Mass von 2,40 m x 3,60 m zugeschnitten, bei Bedarf zwischengelagert und ohne weitere Anpassungen im Neubau wiederverwendet. Zusammen mit Industriepartnern wurden innovative Schneidetechniken, wie das Wasserschneiden, diskutiert und auf ihre Anwendbarkeit für dieses Vorhaben geprüft. Die Simulationen haben gezeigt, dass der Rückbau von nur eines Gebäude ausreicht, um den gesamten Bedarf an Reuse-Beton für das neue Portal zu decken. Diese Form der Ressourcennutzung stellt einen Meilenstein in der Umsetzung von Kreislaufwirtschaft im Bauwesen dar.

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Abb. 03 - Vergleich verschiedener Deckenkonstruktionen, Penzel Valier AG – Wettbewerbsbeitrag „Impulse“

Vorteile der Wiederverwendung

Die Untersuchungen zeigen systematisch auf, dass durch diese Methode die Umweltbelastungen gesamthaft optimiert werden: Die Treibhausgasemissionen, die Umweltbelastungspunkte sowie die nicht-erneuerbare Primärenergie werden drastisch gesenkt. Diese signifikanten Einsparungen verdeutlichen das enorme Potenzial, das in der Reuse-Strategie liegt.

Neben der Ressourcenschonung bietet die Wiederverwendung von Beton weitere Vorteile. Zum einen speichert der wiederverwendete Beton das im ersten Lebenszyklus aufgenommene CO₂ dauerhaft. Zum anderen haben die Stahlbetonelemente ausgezeichnete thermische Speichereigenschaften und bieten gegenüber Holzkonstruktionen Vorteile im Brandschutz. All diese Faktoren machen die Reuse-Strategie zu einer zukunftsfähigen Lösung im modernen Bauwesen.

Wettbewerbsprojekt „Impuls“ als Vorreiter

Das Projekt «Impuls» erreicht den letzten Rundgang im Wettbewerbsverfahren und zeigt, wie die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft im grossen Massstab erfolgreich angewendet werden können. Es demonstriert, dass durch innovative Ansätze und sorgfältige Planung signifikante Umweltauswirkungen vermieden werden können, während gleichzeitig eine wirtschaftliche und funktionale Bauweise gewährleistet bleibt. Die Wiederverwendung von Betonelementen ist ein Paradebeispiel dafür, wie nachhaltiges Bauen in der Praxis aussehen könnte.

Zitat aus Bericht des Preisgerichts: „Das Preisgericht hielt fest, dass der Entwurf Nummer 08 «Impuls» einen sehr interessanten Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft in Architekturprojekten beitrug. Die zukunftsweisende Richtung des Beitrags wird anerkannt. An dieser Stelle wird den Verfassenden von «Impuls» für ihren Diskussionsinput gedankt.“

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Abb. 04 - Blick auf das Atrium in die Hörsäle und Diskursräume, Visualisierung studio blomen – Wettbewerbsbeitrag „Impulse“

Penzel Valier: Fokus Nachhaltigkeit

Seit seiner Gründung im Jahr 2008 hat das Schweizer Architektur- und Ingenieurbüro Penzel Valier zahlreiche Projekte realisiert, die das Zusammenspiel von Architektur und Ingenieurwesen auf einzigartige Weise demonstrieren. Das Büro legt besonderen Wert auf nachhaltige Bauweisen und innovative Lösungen, die den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks berücksichtigen. Projekte wie das «Portal UZH» verdeutlichen das Engagement des Büros für eine nachhaltige Zukunft im Bauwesen. Durch die Verbindung von Funktionalität, Ästhetik und Nachhaltigkeit setzt Penzel Valier neue Standards in der Architektur und beweist, dass zukunftsweisende Bauwerke sowohl umweltfreundlich als auch wirtschaftlich erfolgreich sein können.

(Bilder & Text: Penzel Valier)

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