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Radical

Gemeinsam mehr bewegen - Wie Radical Collaboration unsere Zusammenarbeit transformieren kann

Themenfeld «​öbu-Themenschwerpunkt: Der Mensch als Katalysator»
- Sind unsere herkömmlichen Herangehensweisen an Zusammenarbeit angesichts der vielschichtigen globalen Krisen noch angemessen? Das Konzept hinter Radical Collaboration® hat das Potenzial, um unsere Zusammenarbeit zu verändern.

Als Gesellschaft und Wirtschaft stehen wir multiplen Krisen gegenüber. Globale Probleme wie der Klimawandel, der Biodiversitätsverlust oder wachsende Ungleichheiten stellen uns vor unterschiedlichste Herausforderungen. Zusätzlich befinden sich Unternehmen, Organisationen und sogar Staaten in extremen Wettbewerbssituationen, die einer offenen Zusammenarbeit im Weg stehen. Brauchen wir vielleicht sogar eine neue Herangehensweise, einen unternehmens- und branchenübergreifenden Kulturwandel der Zusammenarbeit?

“Radikale” Veränderungen für bessere Zusammenarbeit

Genau hier setzt das Konzept von “Radical Collaboration” an. Die Idee dahinter ist, dass Menschen auf eine respektvolle und offene Weise zusammenarbeiten, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Der Begriff “radikal” bezieht sich dabei auf die Notwendigkeit für eine grundlegende Transformation in der Art und Weise der Zusammenarbeit. Hinter dem Ansatz steht die Überzeugung, dass traditionelle und stark wettbewerbsorientierte Modelle nicht immer die besten Ergebnisse liefern. Werte wie Vertrauen, Offenheit, Inklusion und Empathie sollen in den Fokus der Zusammenarbeit rücken. 

Vom Gericht in die Organisationskultur 

Hinter “Radical Collaboration” stehen James W. Tamm, Mediator und Richter, und Ronald J. Luyet, Organisationsentwickler und Experte für Führung. Im Rahmen ihrer Arbeit Ende der 1980er Jahre beobachteten sie, dass einige Konfliktparteien rechtliche Auseinandersetzungen konstruktiver beilegten als andere. Ihre Erkenntnisse hielten sie in ihrem Buch "Radical Collaboration: Five Essential Skills to Overcome Defensiveness and Build Successful Relationships" fest. Noch heute wird der Ansatz von Tamm und Luyet in Organisationen, für Teamarbeiten, in Führungskontexten und zwischenmenschlichen Beziehungen angewendet.

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Die Prinzipien von Radical Collaboration

Der Grundgedanke von “Radical Collaboration” klingt im ersten Moment einfach und vielleicht auch banal. Sollte eine offene und soziale Arbeitskultur nicht selbstverständlich sein? Doch der Blick in die Praxis, ins eigene Arbeitsumfeld und auf die Zusammenarbeit an globalen Problemen legt vermutlich Verbesserungspotenziale offen. Wie schaffen wir es also, eine offene Zusammenarbeitskultur von der Theorie in die Praxis zu bringen? “Radical Collaboration” zeigt mit einfachen Prinzipien wie es geht: 

  1. Kooperationsbereitschaft: Statt defensiv zu reagieren, liegt der Fokus der Zusammenarbeit auf gemeinsamen Vorteilen.
  2. Offenheit: Es wird ein Umfeld geschaffen, das von Ehrlichkeit und Offenheit geprägt ist, damit Menschen sich sicher fühlen und Probleme ansprechen können.
  3. Selbstverantwortung: Alle erkennen und tragen die Verantwortung für die Konsequenzen des eigenen bewussten und unbewussten Handelns.
  4. Bewusstsein für sich und andere: Es besteht ein gutes Verständnis von sich selbst und für andere, um zwischenmenschliche Probleme zu erkennen und zu lösen.
  5. Interessenbasierte Problemlösung: Unvermeidbare Konflikte werden so verhandelt, dass die Interessen aller Beteiligten erfüllt und gleichzeitig die Beziehungen gestärkt werden.

Radical Collaboration in der Praxis

Der Kollaborationsansatz hat es auch in grossen Unternehmen bereits von der Theorie in die Praxis geschafft. Die Bosch Gruppe stellte interne Unternehmensprozesse nach dem Konzept um und gestaltete die Arbeitsumgebung der Mitarbeitenden mit dem Projekt “Inspiring Working Conditions” neu. Mit Kommunikationszonen, Projekträumen und Praxis-Werkstätten gestaltete Bosch seine Gebäude von “innen nach aussen” - ganz nach den Bedürfnissen der Mitarbeitenden und nach dem Prinzip “Radical Collaboration”.

Obwohl das Konzept schon vor Jahrzehnten entwickelt wurde, stecken wir noch mitten im Entwicklungsprozess seiner Anwendungsmöglichkeiten. Unternehmen in der Vorreiterrolle sind ständig auf der Suche nach Innovationen und entwickeln neue Strukturen für Radical Collaboration. Hier sind nur einige der vielen Anwendungsideen in der Praxis:

  • Human-centered Design, bei dem Benutzer:innen in den Entwicklungsprozess eines Produktes einbezogen werden
  • Ad-hoc-Führungsteams in denen jede:r in der Organisation eine Initiative ankündigen, und jede:r, der interessiert ist, sich anschließen kann. Das Team hat die volle Befugnis, um Änderungen in der Organisation vorzunehmen, solange der Prozess transparent ist.
  • Peer-Pods: Selbstverwaltete Gruppen von Gleichaltrigen, die sich in ihrer Karriere gegenseitig coachen, betreuen und unterstützen.

Auch eine Studie zur Kollaboration in Unternehmen gibt Anlass, die eigenen Muster der Zusammenarbeit zu hinterfragen. Über einen Zeitraum von 11 Jahren wurden Unternehmen begleitet und ihre Performance ausgewertet. Die Autoren stellten fest, dass Unternehmen mit einer kollaborativen Kultur im Vergleich zu Unternehmen mit einer schwachen Kultur höhere finanzielle Leistung, höheres Wachstum und eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit aufwiesen.

Was lässt sich auch für globale Krisen aus Radical Collaboration lernen?

“Radical Collaboration” ist ein übergreifender Ansatz, der auf jedes Setting übertragbar ist. Das Prinzip kann somit auch auf gesellschaftliche Themen und Probleme wie Klimawandel und Nachhaltigkeit angewendet werden, um die Zusammenarbeit und Lösungsfindung zu verbessern. Aspekte wie interdisziplinäre Zusammenarbeit und Wissenstransfer sind zentraler Bestandteil des Konzeptes und helfen auch bei der Problemlösung zu komplexen Themen. Radical Collaboration stellt zudem die Inklusion in den Mittelpunkt. Wollen wir globale Krisen lösen, die die gesamte Gesellschaft betreffen, ist nur eine inklusive Beteiligung aller Gesellschaftsgruppen zielführend. Schlussendlich müssen wir einen offenen Blick auf die Lösungsfindung behalten. Auch hier hilft der Radical Collaboration Ansatz, indem er zum Experimentieren, Lernen und zur kontinuierlichen Verbesserung ermutigt.

Auch wenn “Radical Collaboration” viel Raum zur Interpretation der Umsetzung lässt - vielleicht ist genau so ein Ansatz nötig, um unsere Komfortzone hin und wieder zu verlassen und mit einem offenen Blick auf Herausforderungen zuzugehen.

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(Bild: Pexels)