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Nachhaltiges Wirtschaften und Unternehmensnachfolge: Wie Steward-Ownership KMU hilft

- Wie kann die Kontinuität und der Unternehmenszweck über Generationen hinweg gesichert werden? Steward-Ownership bietet eine vielversprechende Lösung, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die nachhaltiges Wirtschaften im Geschäftsmodell verankern wollen. öbu-Mitglied Purpose Schweiz erklärt, wie es funktioniert.

Die Herausforderung der Nachfolge

Viele Familienbetriebe und mittelständische Unternehmen stehen vor der Frage, wie sie ihre Werte (wie z.B. Nachhaltigkeitsbestrebungen) und das Geschäft in die nächste Generation überführen können. Eine Studie zeigt, dass etwa jedes sechste Schweizer KMU von ungeklärter Nachfolge betroffen ist – rund 90.000 Unternehmen. Es geht dabei nicht nur um eine wirtschaftliche Zukunft, sondern auch um die Verantwortung gegenüber Mitarbeitenden und Gesellschaft.

Fähigkeiten statt Gene: Das Prinzip von Steward-Ownership

Steward-Ownership bietet eine innovative Lösung, bei der nicht Gene oder Kapital, sondern Fähigkeiten und Werte über die Nachfolge entscheiden. Im Gegensatz zum herkömmlichen Eigentumsmodell wird das Unternehmen treuhänderisch geführt und gehört quasi sich selbst. Diese Struktur ermöglicht es, die Unternehmensführung an Personen zu übergeben, die durch ihre Kompetenzen und Wertvorstellungen qualifiziert sind.

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Foto: Jochen Eckel

Märkisches Landbrot: Ein erfolgreiches Beispiel

Märkisches Landbrot, eine traditionsreiche Berliner Bäckerei, wurde 1930 gegründet und produziert seit 1981 unter Joachim Weckmann ausschließlich Bio-Brote. Angesichts seiner bevorstehenden Pensionierung entschied sich Weckmann 2021, das Unternehmen in Steward-Ownership zu überführen. Durch die Gründung einer gemeinnützigen Stiftung bleibt Märkisches Landbrot unabhängig und die Mitarbeiter:innen und Kund:innen wissen, dass das Unternehmen werteorientiert weitergeführt wird. Auch die Altersabsicherung von Weckmann ist in der Struktur mitgestaltet, ohne dass das Unternehmen übermäßig belastet wird. Ein Verkauf des Unternehmens ist ausgeschlossen, wodurch es vor spekulativen Eingriffen geschützt ist.

Joachim Weckmann bringt es auf den Punkt: „Der Chef bleibt das Brot“. Dieser Satz fasst treffend zusammen, dass der zentrale Fokus des Unternehmens – die Produktion hochwertiger Bio-Brote – im Mittelpunkt steht und nicht von äußeren Einflüssen oder Eigentümerwechseln beeinträchtigt wird.

Vorteile von Steward-Ownership für KMU

Steward-Ownership ist eine bewährte Eigentumsstruktur, die weltweit von kleinen bis großen Unternehmen seit Jahrzehnten erfolgreich praktiziert wird. Sie verankert die Sinnorientierung rechtlich, sichert die Unabhängigkeit langfristig und regelt die Nachfolge automatisch und unabhängig von familiären Verhältnissen. Diese Struktur adressiert zentrale Herausforderungen, denen KMU häufig gegenüberstehen:

  • Ungeklärte Nachfolge: Viele Eigentümer:innen übergeben Unternehmen entweder innerhalb der Familie oder an finanzkräftige Personen. Steward-Ownership ermöglicht die Weitergabe des Unternehmens primär an Personen mit den passenden Fähigkeiten und Werten.
  • Unabhängigkeit & Fortbestand: Ein Unternehmen in Steward-Ownership sichert seine Selbstbestimmung rechtlich ab. Damit hängt der Fortbestand alleine vom Erfolg des Unternehmens ab und nicht mehr vom Einfluss oder Kauf von außen.
  • Soziale Verantwortung & Fachkräftemangel: Unternehmen in Steward-Ownership gehören sich selbst und sind dadurch weniger abhängig von ihren Eigentümer:innen. Dies schafft sicherere Arbeitsplätze, höhere intrinsische Motivation, geringere Fluktuation und größere Attraktivität als Arbeitgeber, wie diverse Studien belegen.

Das Herzstück eines Unternehmens: Die Eigentumsstruktur

Die Eigentumsstruktur eines Unternehmens verankert grundlegende Anreize und legt die Basis für dessen langfristige Ausrichtung. Steward-Ownership stellt die Leidenschaft für das angebotene Produkt ins Zentrum und ermöglicht Unternehmen, sich langfristig darauf zu konzentrieren, indem es sie vom Druck zur kurzfristigen Maximierung des Aktionärswerts loslöst. Unternehmen sind in erster Linie keine Ware – sie sind ein Zweck. Gewinne dienen als Mittel zum Zweck und nicht als Selbstzweck, wodurch der ursprüngliche Gedanke des Unternehmens erhalten bleibt. Dies hat auch einen neuen Zugang zur Regelung der Nachfolge zur Folge.

Die zwei Prinzipien der Steward-Ownership

  • Selbstbestimmung: Die Stimmrechte und damit die Kontrolle über das Unternehmen liegen bei den Menschen, die mit dem Unternehmen verbunden sind und dessen Werte langfristig tragen. Es gibt keine automatische Vererbung der Stimmrechte, und sie können nicht gehandelt werden.
  • Vermögensbindung: Gewinne und Vermögen dienen dem Unternehmenszweck, werden reinvestiert, zur Deckung der Kapitalkosten verwendet oder gespendet. Gewinne und Vermögen können nur limitiert entnommen werden, um Investor:innen risikoadäquat zu verzinsen und Gründer:innen fair zu kompensieren.

Märkisches Landbrot: Nachhaltigkeit und Gemeinwohl im Fokus

Unter Joachim Weckmann hat sich Märkisches Landbrot zu einem Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit und Gemeinwohl entwickelt. Mit 90 Mitarbeitenden produziert das Unternehmen heute bis zu 8.000 kg Brot täglich, das an rund 330 Verkaufsstellen in Berlin und Umgebung geliefert wird. 90 Prozent des verwendeten Getreides stammen aus der Region Berlin.

Märkisches Landbrot setzt auf Transparenz und soziale Verantwortung. Eine Gemeinwohlbilanz der Gemeinwohlökonomie (GWÖ) beleuchtet die gesamte Wertschöpfungskette und stellt sicher, dass das Unternehmen einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leistet. Darüber hinaus engagiert sich Märkisches Landbrot durch regelmäßige Spenden und Projekte für ökologische Landwirtschaft und soziale Gerechtigkeit.

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Foto: Märkisches Landbrot GmbH

Fazit

Steward-Ownership bietet eine nachhaltige Lösung für die Nachfolge in Familienunternehmen und mittelständischen Betrieben. Das Beispiel von Märkisches Landbrot zeigt, wie durch die Gründung einer Stiftung die Unternehmenswerte und -ziele langfristig gesichert werden können. Diese Eigentumsstruktur ermöglicht es, das Unternehmen unabhängig und werteorientiert weiterzuführen, ohne die Risiken eines Verkaufs oder einer Vererbung einzugehen. Steward-Ownership stellt somit eine zukunftsfähige Alternative für verantwortungsvolles Wirtschaften dar.

Purpose Schweiz als Ansprechpartner

Die Eigentumsstruktur von Unternehmen anders zu denken hat in den letzten Jahren rasant an Zulauf gewonnen und das Interesse für Steward-Ownership steigt vorzu. Purpose Schweiz ist die offizielle Anlaufstelle rund ums Thema und bietet frei zugängliche Informationen und Beratungen für Schweizer Unternehmer:innen an, um ihre Firma im Steward-Ownership aufzustellen. 

Unverbindlich mehr am öbu Impuls mit Purpose Schweiz am 21. August oder am kompakten Einstiegsworkshop von Purpose selber am 10. September  

Kontakt

Purpose Schweiz, Annina Menzi, annina@purpose.ag

(Titelbild: Märkisches Landbrot GmbH)