
Nachhaltigkeitstrends, öbu-Angebote und Herzensprojekte: Olmar Albers im Interview
Nachhaltigkeit im Jahr 2025: Welche Trends und Entwicklungen siehst du im Bereich des nachhaltigen Wirtschaftens?
Das aktuell viel diskutierte Thema Regulierung wird auch 2025 sowohl in der EU als auch in der Schweiz relevant bleiben. Die Unternehmen sind hier zunehmend gefordert, ihre Anstrengungen zu dokumentieren.
Zudem wird Nachhaltigkeit von den Kunden vermehrt als wichtiges Thema wahrgenommen, was den Druck auf die Lieferanten erhöht, sich im Bereich Nachhaltigkeit weiterzuentwickeln. Das Thema nachhaltige Beschaffung, also nachhaltiges Lieferkettenmanagement, ist eng mit diesen Ansprüchen verknüpft.
Um diesen Anforderungen erfolgreich begegnen zu können, ist ein intelligentes Datenmanagement von grosser Bedeutung. Denn um Nachhaltigkeitsaktivitäten im Unternehmen planen, umsetzen und darüber berichten zu können, ist ein effizienter Umgang mit den vorhandenen Daten unerlässlich. Proaktive Unternehmen werden hier im Jahr 2025 ihre Hausaufgaben machen (müssen), was nicht nur im Sinne des nachhaltigen Wirtschaftens ist, sondern diese Unternehmen auch besser managen lässt und die Basis für einen “nachhaltigen” Erfolg schafft.
Auch das Thema Biodiversität wird im kommenden Jahr an Bedeutung gewinnen, da sich die Erkenntnis durchsetzt, dass ihr Rückgang eine noch grössere Bedrohung darstellt als der Klimawandel.
Nicht zu vergessen sind natürlich die weltweiten Konfliktherde und die schwierige geopolitische Lage. Diese wirken sich unweigerlich auf die Gesamtwirtschaft und damit auch auf die Bemühungen um nachhaltiges Wirtschaften aus.
Was sind aus deiner Sicht die drängendsten Herausforderungen, wenn es um Nachhaltigkeit in der Wirtschaft geht?
Die Umsetzung der Dekarbonisierung in der Wirtschaft muss priorisiert werden und an Tempo zulegen. Ausserdem sind grosse Schritte Richtung Nature Restoration zu gehen. Geschädigte Ökosysteme müssen also wiederhergestellt und der Verlust an biologischer Vielfalt gestoppt werden. Unverzichtbar und zeitkritisch ist es aber auch, ein grösseres gesellschaftliches Bewusstsein für die Ungleichheiten in Wirtschaft und Politik und für die Dringlichkeit des Themas zu schaffen.
Denn ja, es wird schon viel getan, aber eben nicht genug. Ein Beispiel? Die Energiewende. Der Ausbau der erneuerbaren Energien geht wirklich schnell voran, gute Nachrichten also. Das Problem dabei? Die Nutzung fossiler Energieträger geht nur langsam zurück, weil die erneuerbaren Energien parallel und wegen des steigenden Energiebedarfs on top dazu kommen.
Welche Rolle spielt öbu im Jahr 2025 bei der Unterstützung von Unternehmen, die nachhaltiger wirtschaften wollen?
Unser Motto für 2025 lautet: Less Why, more What and How.
Was bedeutet das? Obwohl die Sensibilisierung von Wirtschaftsakteuren für nachhaltiges Wirtschaften weiterhin wichtig ist, wollen wir uns als öbu vermehrt darauf konzentrieren, Unternehmen bei der Planung und Umsetzung von konkreten Nachhaltigkeitsaktivitäten zu unterstützen. Das öbu-Angebot wird sich entsprechend verlagern, d.h. es wird mehr Arbeitsgruppen und Workshop-Angebote geben, um Kompetenzen auszutauschen und zu erwerben. Auch die geplanten Webinare und öbu-Leitfäden zielen darauf ab, konkrete Lösungen im Nachhaltigkeitsbereich zu vermitteln.
Darüber hinaus wollen wir auch weiterhin zahlreiche Veranstaltungen vor Ort anbieten, um eine gezielte Vernetzung verschiedener Akteure und einen lehrreichen Austausch zu ermöglichen.
Nicht zuletzt liegt uns die Kollaboration innerhalb unserer Mitgliedschaft am Herzen. So wollen wir die interorganisationale Zusammenarbeit sowohl durch unsere Netzwerkveranstaltungen und Arbeitsgruppen als auch durch Projekte mit Mitgliederbeteiligung fördern. Beispiele für letztere sind unsere Initiative zur Wiederverwendung im Bauwesen oder das in Entwicklung befindliche Biodiversitätsprojekt.
Was liegt dir persönlich in Bezug auf nachhaltiges Wirtschaften besonders am Herzen? Hast du ein Herzensprojekt?
Die schwierigste Frage zum Schluss, denn nachhaltiges Wirtschaften ist so vielfältig!
Eine Herzensangelegenheit ist für mich die psychologische und neurologische Seite des Themas, also das Marketing rund um nachhaltiges Wirtschaften. Warum engagieren sich Menschen, Unternehmen und Systeme für Nachhaltigkeit? Was bewegt Akteure dazu, sich zu verändern oder auch nicht? Auch wenn ich mich hier als Laie bezeichne, bewegen mich diese Fragen und wecken mein Interesse.
Aber wo würde ich mich denn eher als Experte bezeichnen? In der Wirtschaft, die kenne ich. Deshalb begeistert mich auch das Thema Kreislaufwirtschaft ganz besonders. Die Zusammenhänge und Potenziale zirkulärer Wertschöpfungsketten zu verstehen fasziniert mich und so habe ich vor (nicht allzu) langer Zeit meine Masterarbeit zu diesem Thema geschrieben. Kreislaufwirtschaft entspricht wohl auch meinem Wesen: Ich neige dazu, eher über Nutzen und Anreize nachzudenken als über Verbote. Und da trifft unsere Kreislaufwirtschaftsinitiative “Wiederverwendung in der Bauindustrie” natürlich genau ins Schwarze.