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Risikobewertung: Ist Kreislaufdesign ökologisch sinnvoll?

Themenfeld «öbu-Themenschwerpunkt: Kreislaufwirtschaft»
- Im Unternehmenskontext führt Kreislaufdesign oft, aber nicht immer, zu einer verbesserten Ökobilanz des Produkts und dessen Nutzung. Tom Koch, von öbu-Mitglied Rytec Circular, klärt im Gastbeitrag über die Zusammenhänge von Kreislaufdesign und Umweltbelastung auf.

In einer Welt, in der Ressourcenknappheit und Umweltverschmutzung immer drängender werden, gewinnt das Konzept der Kreislaufwirtschaft zunehmend an Bedeutung. Statt Ressourcen im traditionellen linearen Modell zu verbrauchen und wegzuwerfen, fördert die Kreislaufwirtschaft die Wiederverwendung, Reparatur und das Recycling von Materialien. Diese nachhaltige Wirtschaftsweise bietet nicht nur ökologische Vorteile, sondern eröffnet auch neue wirtschaftliche Chancen und trägt zum Klimaschutz bei. Kreislaufdesign kann die Umweltbelastung massgeblich reduzieren. Dies geschieht dadurch, dass: 

  • Ressourcen effizienter in Produkten und bei ihrer Nutzung eingesetzt werden, 
  • Der Einsatz toxischer Substanzen reduziert wird, 
  • Produkte und Teile davon intensiver genutzt werden und
  • Ressourcenkreisläufe der eingesetzten Materialien ermöglicht wird bzw. diese besser geschlossen werden. 

Für die Erbringung derselben „Menge“ Dienstleistung wird unter anderem der Primärrohstoffbedarf gesenkt. Zudem können über Material- und Designveränderungen Umweltauswirkungen der Ressourcenbereitstellung, des Recyclings und der Entsorgung reduziert werden. 

Die komplexe Realität

Was auf den ersten Blick nicht auffällt: Durch Kreislaufdesign können auch Risiken für die ökologische Verschlechterung herbeigeführt werden. Hier eine Übersicht der relevantesten Risikofelder. 

Entscheidungsdiagramm Kreislaufdesign
Entscheidungsdiagramm Kreislaufdesign (Rytec Circular)

Risiko Ineffizienz während der Nutzung:

Produkte, die während der Nutzung einen hohen Energie- oder Materialverbrauch haben, können manchmal schlechter für die Umwelt sein als neuere Produkte. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die neueren Produkte durch technische Verbesserungen oder Technologiesprünge sehr viel Energie- oder Materialeffizienter während der Nutzungsphase sind. Es muss im Einzelfall geprüft werden, ob es ökologisch vorteilhaft ist, ein ineffizientes Produkt vor seinem Lebensende zu verschrotten, anstatt es weiter zu betreiben.

Risiko Verschlechterung durch Materialwechsel:

Manchmal werden durch Kreislaufdesign andere, kreislauffähige Materialien eingesetzt. Bei einem solchen Materialwechsel muss eine Lebenszyklusanalyse (LCA) des Produktes mit dem neuen und alten Material durchgeführt werden, um zu klären, ob eine ökologische Verbesserung oder Verschlechterung aus dem Materialwechsel resultiert. Zu beachten ist insbesondere, ob das Produkt tatsächlich zurückgenommen und wieder eingesetzt wird oder ob es zwar in der Theorie kreislauffähig wäre, aber es am Ende des Lebens dennoch in der Entsorgung landet (Beispiel: Wechsel von Aluminiumfenster auf Holzfenster).

Risiko Technologiewechsel:

Effizienzoptimierungen können mit Technologiewechseln einher gehen (z.B. von Glühbirne zu Energiesparlampe zu LED). Dasselbe kann bei Gesamtsystemoptimierungen der Fall sein (z.B. von Brief zu Mail oder von Verbrennungsmotor zu elektrischem Antrieb). Neue Technologien können neben der Optimierung einer umweltrelevanten Dimension (Energieverbrauch) neue negative Auswirkungen haben (Quecksilber in Energiesparlampen). Das neue Gesamtsystem muss mittels einer Lebenszyklusanalyse auf seine ökologischen Gesamtauswirkungen überprüft werden. 

Rebound bzw. Kickback Effekte:

Ein ökologisch optimiertes Produkt oder System führt zu Verhaltensveränderungen oder anderen indirekten Auswirkungen, welche negative ökologische Auswirkungen haben. Ein “Rebound Effekt“ schmälert normalerweise nur den erwarteten ökologischen Gewinn. Ist er jedoch grösser als die Verbesserung, so spricht man von einem “Kickback Effekt“. Im Kontext des Kreislaufdesigns gilt es folgende zentralen Rebound Effekte zu beachten.

  • Mehr Nachfrage, weil günstiger. Eine gleichzeitig ökonomisch-ökologische Optimierung führt zu reduzierten Preisen für das Angebot oder die Nutzung. Dies kann wiederum zu einer gesteigerten Nachfrage führen.
  • Mehr Nachfrage, weil einfacher. Miet-und Dienstleistungsangebote können zu einem einfacheren Zugang zur Produktenutzung und praktischeren Angeboten führen, was wiederum in einer gesteigerten Nachfrage des Angebotes resultieren kann. (Beispiel: Mobility)
  • Ökologische Rechtfertigung. Menschen neigen dazu, unökologisches Verhalten, wie beispielsweise in die Ferien zu fliegen mit ökologischem Verhalten zu rechtfertigen (bspw. ein “grünes“ Produkt kaufen). Dieses Verhaltenlässt uns einem an anderen Orten ökologisch grosszügiger handeln. („Ich habe kein Auto, deshalb kann ich in die Ferien fliegen.“)

Fazit

Grundsätzlich ist eine Lebenszyklusanalyse der durch Kreislaufdesign angepassten Produktsysteme notwendig, um eine abschliessende Aussage darüber machen zu können, ob das neue System ökologisch vorteilhaft ist oder nicht. Die erwähnten Aspekte sind zentral und helfen, die Risiken zu identifizieren. Sie stellen jedoch keine abschliessende Auflistung dar.

Ein Gastbeitrag von

Tom Koch , Co-Bereichsleiter Kreislaufwirtschaft

Rytec Circular

Tomkoch
Tom Koch, Rytec Circular