Wichtige Entscheidungen für den Klima- und Umweltschutz in der Schweiz 2022
SCHWEIZER ENTSCHLÜSSE
1. Berichterstattungspflicht für grössere Unternehmen
Um die Agenda 2030 zu erreichen, braucht es eine Abkehr von der Kohle. Doch Kohle ist derzeit begehrter denn je. Leider spielt die Schweiz beim Kohlehandel eine zentrale Rolle: Zum einen wird fast 40 Prozent des gesamten Handels mit Kohle von Unternehmen mit Sitz in der Schweiz abgewickelt. Zum anderen speissen Schweizer Banken noch immer Milliarden-Beträge in den Kohle-Sektor ein.
Eines der grössten Probleme ist die geringe Obligation zur Offenlegung im Bereich klimarelevante Tätigkeiten für grosse Unternehmen. Genau hier setzt der Bundesrat mit einer neuen Verordnung an: Ab 2024 müssen grosse Unternehmen in der Schweiz eine verbindliche Klimaberichterstattung abliefern. Der Bundesrat hat im November die entsprechende Verordnung auf Anfang des übernächsten Jahres in Kraft gesetzt.
Betreffen wird das Publikumsgesellschaften, Banken und Versicherungen mit mindestens 500 Mitarbeitenden sowie einer Bilanzsumme ab 20 Millionen Franken oder einem Umsatz von über 40 Millionen Franken.
2. Erneuerbare Energien werden (endlich) stark gefördert
Schnell, kompromissbereit und produktiv wie nie fällte das Parlament in der diesjährigen Herbstsession Entscheide, um den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzubringen. Zum einen gab es grünes Licht für den Photovoltaik-Ausbau in Bergregionen, um auch im Winter Solarstrom zu sichern. Zum anderen winkten beide Kammern die Solardach-Pflicht für Neubauten durch. Parallel dazu wurde in der Herbstsession auch der Energie-Mantelerlass behandelt. Hier wurden verschiedene Rahmenbedingungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien beschlossen, um Energieeffizienz und Innovation im Energiebereich festzulegen.
Mutig und wichtig sind diese Entscheide, um die Klima- und Energie-Ziele der Agenda 2030 zu erreichen. Doch trotz des dringenden Handlungsbedarfs aufgrund der aktuellen Energielage darf der Schutz der Biodiversität, Landschaft und Umwelt nicht ausser Acht gelassen werden. Hier braucht es weitere Absprachen zwischen den verschiedenen Stakeholdergruppen.
3. Parlament einigt sich auf Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative
Im Rahmen dieser äusserst produktiven Herbstsession einigte sich das Parlament auf den Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Damit gibt es nun einen verbindlichen Pfad, wie die Schweiz bis Mitte des Jahrhunderts auf Netto-Null kommen soll. Der Entschluss beinhaltet Finanzhilfen in Höhe von drei Milliarden Franken, um den Einbau von Heizungen ohne fossile Brennstoffen oder auch neue Technologien in der Wirtschaft zu fördern.
Es bleibt trotz des erreichten Kompromisses allerdings wahrscheinlich, dass das Volk über den Gegenvorschlag abstimmen darf - die SVP kündigte bereits das Referendum an.
4. Kreislaufwirtschaft soll gesetzlich gestärkt werden
Mitte Februar reichte öbu dem Bundesrat seine Stellungnahme zur Teilrevision des Umweltschutzgesetzes ein. öbu unterstützte den Entwurf der Kommission, der vor allem eines zum Ziel hatte: die Kreislaufwirtschaft zu stärken.
Nun hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates die Vorlage mit 17 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen zur parlamentarischen Initiative verabschiedet. Der Entwurf und der erläuternde Bericht zur Vorlage werden in den nächsten Wochen veröffentlicht. Die Beratung ist in der Frühjahrssession 2023 vorgesehen.
RELEVANTE EU- UND AUSLANDS-ENTSCHLÜSSE
1. Lieferkettensorgfaltspflicht-Gesetz in Deutschland
Im Rahmen des neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes stehen Unternehmen in Deutschland ab dem 1. Januar 2023 in der Verantwortung, ihre Wertschöpfungskette systematisch und sorgfältig zu managen. Das Ziel ist die Sicherung von Menschenrechten und Umweltschutz. Auch Schweizer Unternehmen können betroffen sein, beispielsweise wenn diese eine deutsche Niederlassung mit einer bestimmten Mitarbeiterzahl haben.
Neue Richtlinien für die Nachhaltigkeitsberichterstattung auch aus der EU
Auch das Europäische Parlament hat im November 2022 neue Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für multinationale Unternehmen festgelegt. Das EU-Parlament verabschiedete ein Gesetz, mit dem grössere Unternehmen in der EU dazu verpflichtet werden, sich mit ihrer Wertschöpfungsketten auseinanderzusetzen und so Menschenrechte sowie Umwelt- und Sozialstandards zu verbessern.
Die Vorschriften gelten für alle Unternehmen in der EU, “unabhängig davon, ob sie börsennotiert sind oder nicht. Auch börsennotierte KMU würden einbezogen, erhielten aber mehr Zeit für die Anpassung an die neuen Regeln”, schreibt das Europäische Parlament.
2. EU-Taxonomie betrifft auch Schweizer Immobilienwirtschaft
Als Baustein des European Green Deal will die Europäische Union mit der EU-Taxonomie die Klimawende voranbringen – auch im Gebäudesektor. Ab 2024 gilt die EU-Taxonomie auch für die Schweizer Baubranche.
3. EU-Whistleblower-Gesetz
In der Schweiz gibt es kein spezielles Whistleblower-Gesetz, aber die neuen EU-Richtlinien wirken sich auch auf Schweizer Muttergesellschaften aus, die eine Tochtergesellschaft in der EU haben. Schweizer Konzerngesellschaften sollten sich daher Gedanken machen, ob und wie sie ein System einführen könnten.
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Kontakt:
Anna-Maria Leo
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